Pressetext zur ä10. Verordnung zur Änderung betäubungmittelrechtlicher
Vorschriften"
Hanfsamenverbot

 Hanfsamen und Heroin per Gesetz gleichgestellt

Bundesrat beschlieát Ende November Neuregelung des
Betäubungsmittelgesetzes
Aktionsbündnis der Hanfbranche wehrt sich dagegen

 Heute noch seri"ser Kaufmann und morgen ein Krimineller - so wird
sich die Situation der rund 400 bundesdeutschen Grow-Shop-Betreiber
zum Jahresende darstellen. Grow-Shops vertreiben neben Anbauzubeh"r
wie Lampen, Pflanzsubstraten und Dünger auch Hanfsamen THC-reicher
Cannabis-Sorten, was bislang v"llig legal ist. Das soll sich zum 1.
Januar 1998 ändern. Ein CSU-Referenten-Entwurf vom Juli dieses Jahres
zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes stellt diese Samen dort den
Rauschmitteln Haschisch und Marihuana sowie Rauschgiften wie Kokain
und Heroin gleich.
Die bisherige Regelung lautet ä...Cannabis ist nicht verkehrsfähig,
ausgenommen a) deren Samen. Die neue Regelung fügt an „sofern er nach
den Umständen nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt ist". Dieser
unerlaubte Anbau (95 Prozent davon reiner Eigenbedarf) war bislang der
einzige gut funktionierende Ansatz zur Trennung der „harten" und
„weichen" Drogenmärkte. Dem soll nun der Riegel vorgeschoben werden.
Dies würde bedeuten, daá rund 30 Prozent der Konsumenten, die ihr
Marihuana selbst anbauen, gezwungen wären, sich wieder des
Schwarzmarktes zu bedienen, und sei es auch nur zum Samenkauf. Der
illegale Drogenmarkt wäre mit einem neuen Produkt in der
Verkaufspalette der einzige Gewinner dieser neuen Verordnung.
Auf der Gegenseite müáten über 400 Einzelhandelsgeschäfte im
Grow-Bereich sofort schlieáen, denn der Samenhandel ist das einzige
gewinnbringende Geschäft auf diesem Sektor. Nicht anders ergeht es den
Produzenten im Ausland (vorwiegend Niederlande), den Importeuren,
Groáhändlern und Lieferanten. Durch die Illegalisierung des
umsatzstärksten Teils ihres Anzeigenmarktes bekäme auch die
alternative Hanfpresse erhebliche Schwierigkeiten. Kaum eines der vier
bundesweit erscheinenden Magazine zum Thema Cannabis, die in einer
Gesamtauflage von 200.000 Exemplaren wichtige Aufklärungsarbeit
leisten, k"nnte diesen gesetzlich verordneten Umsatzverlust
verkraften. Verbunden mit all diesen bevorstehenden
Geschäftsschlieáungen ist der Wegfall von rund 11.000 derzeit v"llig
legale, steuer- und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen.
Auch stellt sich die Frage, wie das neue Gesetz überwacht werden soll.
Wie sollen Polizei und Justiz feststellen und nachweisen, ob es sich
bei beschlagnahmten Hanfsamen um THC-aktives Saatgut zum illegalen
Anbau handelt, oder um legales Vogelfutter, das kiloweise in jeder
Tierhandlung zu erhalten ist. Ebenso schwierig gestaltet sich die
Sinnfrage: Es ist anzunehmen, daá trotz eines Samenverbotes der Anbau
keineswegs zurück gehen wird - schlieálich hat auch die
Cannabis-Prohibition den Konsum nicht verhindert.
Der 30-seitige Referentenentwurf der ä10. Verordnung zur Änderung
betäubungsmittelrechtlicher Verschriften" soll im November vom
Bundesrat verabschiedet werden und zum 1. Januar 1998 in Kraft treten.
Das Hanfsamenverbot ist nur ein kleiner Teil dieses Papieres, im
wesentlich befaát es sich mit Substitutionsregelungen
Schwerstabhängiger. So begrüáenswert die Liberalisierung auf diesem
Sektor ist, um so unverständlicher ist die restriktive Gangart in
Sachen Hanf, befinden die Betroffenen der Hanfbranche.
Vertreter der Hanfmedien sowie des Samengroá- und Einzelhandels haben
sich zu einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen und werden
unterstützt von namhaften Politikern, Juristen, Drogenbeauftragten und
-referenten sowie der Vereinigung Kritischer Polizisten. Ziel ist es,
mit Petitionen und Aufklärung diese neue Welle der Kriminalisierung zu
verhindern. Nachfragen bei einigen Länderministerien ergaben, daá zwar
der Referentenentwurf an sich bekannt ist, das Samenverbot, welches in
diesem Entwurf ganze fünf Zeilen einnimmt, hingegen nicht. Ein ebenso
beiläufiger Passus des Entwurfes betrifft natürlich vorkommende
Suchtstoffe pflanzlichen oder tierischen Ursprungs. Diese waren
bislang in ihrer Verabreichungsform als Droge verboten - nach der
neuen Regelung wird zukünftig auch deren Anbau und Zucht geahndet.
Betroffen davon ist neben einigen Kakteenarten, Sträuchern und Pilzen
auch die Datura, bekannter unter dem Namen Engelstrompete und als
Zierpflanze in zahlreichen Vorgärten zu Hause.

Liane Probst-Simon
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