Dieses Dokument dient Ausschließlich zu Informationszwecken. Das das Dokument hier ist, heißt weder, daß der Author von Just say KNOW! es erstellt hat oder mit dem Inhalt konform geht. Auf keinen Fall will er zum Konsum von Drogen anregen !
Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Europa
(36) und in Deutschland (14). Wird der Cannabiskonsum eines Patienten Gegenstand
einer ärztlichen
Beratung, so besteht von seiten des Arztes aufgrund des Behandlungsvertrages
die Verpflichtung zur sachgerechten Sicherheitsaufklärung, die sich
insbesondere auf die aktive
Teilnahme am Straßenverkehr bezieht. Die Verletzung der Mitteilungspflicht
macht den Arzt für den eventuell resultierenden Schaden haftbar (10).
Für die Verkehrsmedizin ist von besonderem Interesse, welches Gefahrenpotential Cannabiskonsum für die Verkehrssicherheit bedeutet. Die Neuregelung des § 24 a Straßenverkehrsgesetz zeigt ebenfalls,daß juristischer Handlungsbedarf besteht. Die Gesetzesänderung besagt unter anderem, daß bei Nachweis des psychoaktiven Bestandteils der Cannabispflanze im Blut eine Ordnungswidrigkeit besteht, wenn in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt wird.
Epidemiologie: Eine Repräsentativbefragung zum Gebrauch
psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen ergab, daß in Westdeutschland
die Life-time-Prävalenz von Cannabiskonsum bei 21- bis 24jährigen
bei 26,3 Prozent liegt. 11,9 Prozent der 18- bis 20jährigen haben
in den letzten 30 Tagen Cannabis zu sich genommen. Bei diesen
Zahlen ist zu bedenken, daß 80 Prozent der 18- bis 25jährigen
im Besitz einer Fahrerlaubnis sind (35). Die Gruppe der Cannabis-Konsumenten
ist sehr heterogen.
In einer Studie, in der 660 unter Alkoholverdacht akquirierte Blutproben
retrospektiv auf Drogen untersucht worden waren, wurden in acht Prozent
Cannabinoide
nachgewiesen. Der Altersmittelwert der Konsumenten lag bei 25 Jahren
(23). Eine Untersuchung mit ähnlicher Methodik konnte zeigen, daß
insbesondere jüngere männliche
verunfallte Fahrzeugführer, die bei einem nur mittleren Blutalkoholgehalt
erheblich alkoholisiert wirkten, in einem hohen Prozentsatz auch Cannabis
konsumiert hatten (9). Im
Rahmen einer prospektiven Studie wurden auf Erlaß des nordrhein-westfälischen
Innenministeriums 683 Blutproben unter dem Verdacht der Einnahme berauschender
Mittel
durch geschulte Polizeibeamten sichergestellt. In 57 Prozent der Proben
wurde Cannabis nachgewiesen. (8).
Pharmakologie: Die indische Hanfpflanze, die zur Gewinnung der Rauschdroge dient, heißt Cannabis sativa und beinhaltet vor allem im harzigen Sekret der weiblichen Pflanzezirka 60 sogenannte Cannabinoide (36). Ein spezielles Cannabinoid, das Tetrahydrocannabinol (THC), ist in erster Linie für die konzentrationsabhängige psychoaktive Wirkung verantwortlich (2). Die Begriffe Cannabis, Haschisch und Marihuana werden fälschlicherweise zumeist synonym benutzt. Cannabis kann als Überbegriff betrachtet werden, während die beiden anderen Begriffe Aufbereitungsformen bezeichnen (siehe Tabelle 1), deren THC-Gehalt unterschiedlich und dem Konsumenten oftmals nicht genau bekannt ist (17).
Metabolismus und Nachweismöglichkeiten: Aufgrund seiner
Lipophilie sammelt sich THC rasch in fettreichen Geweben und wird von dort
verzögert freigesetzt. Dadurch
nimmt die Wirkstoffkonzentration im Blut kurz nach Konsumende rasch
ab. Die Zeitkurve der THC-Konzentration verläuft nicht parallel zur
Zeitkurve der THCWirkung. Bei
regelmäßiger Einnahme kommt es zur Kumulation insbesondere
des Metaboliten THC-COOH, der nach Beendigung eines regelmäßigen
Konsums unter Umständen noch für
Wochen im Blut und für Monate im Urin nachweisbar ist (8).
Neben den Nachweismöglichkeiten in Blut und Urin ist die Analyse
von Haar, Speichel und Schweiß möglich. Die Haaranalyse dient
in erster Linie dem Nachweis eines
regelmäßigen, länger zurückliegenden Konsums (16).
Die Untersuchung von Speichel und Schweiß als nicht invasiv und vor
Ort zu gewinnenden Substanzen ist aus
praktischen Gesichtspunkten sehr wünschenswert. Die Zuverlässigkeit
von entsprechenden Testverfahren ist Thema wissenschaftlicher Untersuchungen
(28, 21). Ein
wichtiges Ziel ist die Entwicklung von validen Schnelltestverfahren
zum Nachweis von THC beziehungsweise THC-Metaboliten in Schweiß oder
Speichel.
Cannabis als Medikament: Die Wirkungen von Cannabinoiden im menschlichen Organismus können durchaus in einen therapeutischen Zusammenhang gebracht werden. Dazu gehört die Behandlung von Bronchialasthma, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Krämpfen, Glaukom, Muskelspastik und Appetitverlust (15).
Akuter Konsum und Rausch: Um einen Rausch zu erzielen, wird Cannabis
zumeist geraucht, da die orale Aufnahme einen eher dämpfenden Effekt
erzielt (17). Tabelle 2 stellt die Dosis-Wirkungs-Beziehung
mit den subjektiven Rauschwirkungen dar (17), die allerdings auch sehr
stark vom "social setting" abhängen.
Bei Erstkonsumenten kann ängstliche Erregung im Vordergrund stehen.
Die dosis- und gewöhnungsabhängigen objektiven Rauschwirkungen
lassen sich wie folgt
beschreiben: Konjunktivalrötung, Gefäßerweiterung,
Herzfrequenzanstieg, gelegentlich Atemdepression, Bronchodilatation, Absinken
des Speichelflusses et cetera (15).
Wiederholter Konsum: Längerfristiger Cannabiskonsum wird
mit einer Vielzahl von möglichen gesundheitlichen Folgeschäden
in Verbindung gebracht: Verschlechterung der
Immunabwehr, Entstehung von malignen Lungenerkrankungen, psychopathologische
Veränderungen bis zur Entwicklung einer Schizophrenie, endokrine,
metabolische
Veränderungen et cetera (15). Psychometrische Untersuchungen von
Gewohnheitskonsumenten weisen auf eine Verschlechterung psychomotorischer
Funktionen hin (20,
34).
Fahrtüchtigkeit: Fahrtüchtigkeit ist die situations-
und zeitbezogene Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges.
Diese kann akut durch den Einfluß berauschender Mittel
beeinträchtigt sein. Akuter Cannabiskonsum führt zur Verschlechterung
einer Reihe kognitiver Funktionen, die für das Autofahren bedeutsam
sind (31). Eine experimentelle
Studie kommt zu dem Ergebnis, daß THC in einmalig inhalierter
Dosis bis zu 300 µg/kg Körpergewicht (KG) deutliche, aber nicht
dramatische dosisabhängige
beeinträchtigende Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit hat
(26).
Neun Piloten mit gültiger Fluglegitimation wurden am Flugsimulator
nach inhalativem Konsum von zirka 270 µg/kg KG THC untersucht. Bei
sieben der neun Piloten ließen
sich Leistungseinschränkungen bis zu 24 Stunden nachweisen, ohne
daß sich acht der neun Testpersonen einer Beeinträchtigung bewußt
waren (19).
Eine Literaturanalyse kommt zu dem Ergebnis, daß THC-Konzentrationen,
die sich im Blut innerhalb der ersten Stunde nach Genuß von zehn
bis 15 mg THC ergeben,
wesentliche Leistungseinschränkungen beim Verkehrsverhalten bewirken
(29). Aus toxikologischer Sicht wird versucht, anhand der Blutkonzentration
von THC und seinen
Metaboliten eine Aussage über die Fahrtüchtigkeit zu machen
(8).
Fahreignung: Fahreignung wird als zeitlich stabile, von aktuellen
Situationsparametern unabhängige Fähigkeit zum Führen eines
Kraftfahrzeuges im Sinne eines
Persönlichkeitsmerkmals definiert. Bei der Beurteilung der Fahreignung
von Cannabiskonsumenten geht es um die Frage, ob eine Person, die wiederholt
Cannabis konsumiert,
den Anforderungen entspricht, die von einer fahrgeeigneten Person erwartet
werden müssen, um die Verkehrssicherheit zu wahren.
Diese Frage war Gegenstand eines Expertengespräches, das in der
Bundesanstalt für Straßenwesen im Auftrag des Bundesministers
für Verkehr durchgeführt wurde. Es wurde zwischen Abhängigkeit,
Mißbrauch, regelmäßigem und gelegentlichem Gebrauch differenziert.
Abhängige und mißbräuchlich konsumierende Personen wurden
als fahrungeeignet beurteilt.Regelmäßiger Gebrauch führt
in der Regel zu einer fehlenden Fahreignung. Bei gelegentlichem Konsum
ist in der Regel eine Einzelfallprüfung im Hinblick darauf erforderlich,
ob eine Eignung trotz des Konsums vorliegen kann.
Dies ist nicht der Fall bei zusätzlichem Konsum von Alkohol oder
anderen psychotropen Substanzen, bei Störungen der Persönlichkeit,
bei Kontrollverlusten und bei Gebrauch der Droge in Zusammenhang mit Fahren.
Im praktischen Alltag muß unter Umständen damit gerechnet werden,
daß die eindeutige Zuordnung von Konsumenten zu den Untergruppen
mit Schwierigkeiten verbunden ist.
Da es sich bei der Gruppe der Cannabis konsumierenden Personen um eine
sehr heterogene Klientel handelt, muß eine differenzierte Beurteilung
des Einzelkonsumenten
erfolgen, um die voraussichtliche Trennung von Drogenkonsum und Führen
eines Kraftfahrzeuges abzuschätzen. Diese Trennung ist eine conditio
sine qua non zum Erhalt der
Verkehrssicherheit. Dr. med. Susanne Becker
Literatur beim Verfasser: Bundesanstalt
für Straßenwesen, Brüderstraße 53, 51427 Bergisch
Gladbach
Tabelle 1 | ||||||||||||||||||||
Aufbreitungsformen der Cannabispflanze mit THC-Gehalt | ||||||||||||||||||||
|
Tabelle 2 | |||||||||||||||
TCH-Dosis-Wirkung-Beziehung bei der subjektiven Rauschwirkung | |||||||||||||||
|
![]() |
Zurück zu Just say KNOW! |