Empfaenger : /FIDO/CANNABIS.GER (Alle)
Absender   : 2:2494/29.18
Betreff    : Cannabis
Datum      : Mo 28.08.95, 18:34  (erhalten: 01.09.95)
Groesse    : 14698 Bytes
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## Nachricht vom 28.08.95 weitergeleitet
## Ursprung : /FIDO/DROGEN.GER
## Ersteller: 2:2494/29.18

Hallo!
Folgenden Text habe ich aus mehreren Mails zusammengestellt:
--------------------------------- ANFANG --------------------------------
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                                CANNABIS
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Wenn  man heute  ueber   Haschisch, Marihuana,  shit,   wenn  ma n ueber
Cannabis redet,  dann redet   man  ueber   ein   Betäubungsmittel,  d.h.
über eine Substanz, die im  Betäubungsmittel-Gesetz (BtMG) geregelt ist.
Andere  Bezeichnungen  für   diese Substanz   sind   Begriffe  wie  etwa
Suchtmittel, Rauschmittel oder  Rauschgift.  Der Besitz  und Erwerb  von
sowie der Handel mit  dieser  Substanz   kann  entsprechend dem   Gesetz
zu  langjährigen Haftstrafen  führen,  zum   Entzug  der  Fahrerlaubnis,
zum Verbot des Aufenthalts  in bestimmten  Stadt- oder  Landesteilen und
vielem mehr.
Bereits  vor  einigen Jahren gab es eine gesellschaftliche Bewegung, die
diesen Zustand abschaffen und den Umgang mit Cannabis entkriminalisieren
und legalisieren  wollte, eine Bewegung, die seit einigen Monaten, nicht
zuletzt  durch die   von Richter Neskovic  getätigte Entscheidung, einen
Cannabis-FalI an das Bundesverfassungsgericht weiterzuleiten, neu belebt
wird.
Was, so k"nnte  man fragen, würde passieren, wenn Richter Neskovic Recht
behält  und das Cannabis- Verbot in der gegenwärtigen gesellschaftlichen
Situation  nicht  (mehr)  den  verfassungsrechtlichen  Grundsätzen   der
Bundesrepublik  standhält? Eine Situation, wie sie in  Holland herrscht,
wo der  Umgang  mit  Cannabis zwar verboten,  aber   quasi  nicht   mehr
strafrechtlich   verfolgt wird, ist  in der Bundesrepublik  aufgrund des
Legalitätsprinzips kaum zu installieren. Eine H"chstmengen-Regelung, wie
sie etwa in  einigen europäischen Ländern existiert  und  nach  der  der
Besitz von z.B.  bis 30 g Cannabis  nicht strafrechtlich  geahndet wird,
befreit  zwar die kleinen und mittleren Händler  vom Verfolgungsanspruch
des Staates, aber wäre  es nicht ungerecht, die Grosshändler weiterhin zu
bestrafen, da sie ja lediglich die legalisierte Nachfrage befriedigen?
Aufgrund der mittlerweile     allenthalben geteilten   Auffassung    der
relativen   Ungefährlichkeit   von    Cannabis  , die hier   wohl keiner
Ausführungen mehr bedarf ,  muá der  weg von der Einordnung von Cannabis
als Betäubungsmittel zur Einordnung dieser Substanz als Genuámittel, wie
z.B. Alkohol, Tabak, Koffein etc., führen.  Konsequent zu Ende  gebracht
bedeutet dies, Cannabis ins Lebensmittel- und   Bedarfsgegenständegesetz
(LMBG) einzuordnen.
Aber ist diese Transformation m"glich? Ist   die heute  illegale   Droge
Cannabis eine  Genussmittel? Oder anders gefragt: Was ist  überhaupt  ein
Genussmittel? Zunächst ein Blick in die Literatur:
Als   C.  Hartwich  1911  sein   Buch   Die   menschlichen   Genussmittel
ver"ffentlichte, war  es für ihn selbstverständlich, dass nicht  nur  die
für uns  alltäglichen Drogen Tabak, Kaffee,  Alkohol, Tee,   Kakao  etc.
behandelt werden mussten, sondern ebenso Opium, Hanf (also Cannabis), die
Kolanuss, Koka(in),  Betel und nicht zuletzt der Fliegenpilz.   Zwar  sah
Hartwich (S. 2 ff.) die Gefahren, die  aus dem  Konsum dieser Substanzen
entstehen k"nnen  und stand ihnen daher auch recht abivalent  gegenüber:
an seiner Definition als Genussmittel ändert dies allerdings nichts .
1943   gab  Knud  O.  M"ller   in  Dänemark  das Buch  "Rauschgifte  und
Genussmittel" heraus, das 1951 in übersetzter Fassung auch in Deutschland
erschien   . Hier tauchte   bereits die    heute  übliche Unterscheidung
zwischen Genussmitteln  und Rauschgiften auf. Sowohl M"ller  (S. 13  ff.)
als auch Hansen (S. 53 ff.) unterschieden diese beiden Begriffe nach der
jeweiligen Wirkung der Drogen auf das Grosshirn. Hansen glaubte,
    "dass die am meisten verwendeten Rauschgifte  auf das Grosshirn eine
    lähmende  Wirkung ausüben,  während nur  Kokain und Weckamine eine
    aufpeitschende  Wirkung  haben.  Mit Genussmitteln  verhält es sich
    umgekehrt.   Sowohl  Koffein  in  Form von Kaffee und Tee als auch
    Nikotin im Tabak sind echte Stimulantien  (...)  Merkwürdigerweise
    finden  sich  so  gut  wie keine beruhigenden  (grosshirnlähmenden)
    Stoffe unter den allgemein gebräuchlichen Genussmitteln,  abgesehen
    vom Alkohol." (Hansen, S. 53)
Diese  Unterscheidung   scheint  recht    undeutlich.  Sie  wird    noch
undeutlicher,  wenn Hansen anmerkt, dass  man wohl  auch deshalb zwischen
Rauschgiften und  Genussmitteln unterscheiden  müsse, als die Rauschgifte
geruchs- und geschmacksfrei seien, was  sie als   Genussmittel ungeeignet
mache. Die Frage ist allerdings, nach welchen Geschmackskriterien Hansen
unterschieden hat, wenn er das Rauchen von Tabak geschmacklich als Genuss
definiert, des   Rauchen  von  Opium   oder Cannabis dagegen  nicht. Der
Volksmund würde m"glicherweise sagen: "A]les Geschmackssache".
Rudolf   Schr"der,  der   das  aktülle  überblicks-buch zu Genussmitteln
geschrieben hat  , geht in  seinem Ausschlusskriterien  die   Genussmittel
betreffend  noch  weit  über  M"ller und Hansen hinaus. Tabak und  stark
alkoholische Getränke  zählt Schr"der nicht mehr zu  den   Genussmitteln,
gibt aber   gleichzeitig  keine  andere   Kategorie für   sie  an. Kakao
bezeichnet Schr"der in erster Linie als Nahrungsmittel.
Aus dieser  historischen Reihenfolge  lässt  sich  zweierlei exemplarisch
herauslesen:   Zum  ersten,    dass sich der Begriff von  dem,   was  ein
Genussmittel  ist, historisch wandelt, was im übrigen wohl den  Tatsachen
entspricht .  Zum zweiten k"nnte man meinen, dass sich die definitorische
Kategorie    Genussmittel  zunehmend einschränkt.  Denn   immerhin  hatte
Hartwich  noch   sehr  viele  Substanzen in dieser   Kategorie verortet,
während  M"ller   und Hansen  schon zwischen Rauschgift  und Genussmittel
differenzierten. Schr"der  hatte gar Tabak und A]kohol nicht mehr zu den
Genussmitteln  gezählt. Wie   aber sieht nun   die aktülle    rechtliche
Situation bzw. Definition aus?
Die Definition in Paragraph 1 LMBG besagt:
     "Lebensmittel im Sinne  dieses  Gesetzes  sind  Stoffe,  die dazu
     bestimmt sind, in unverändertem,  zubereitetem Oder verarbeitetem
     Zustand von  Menschen   verzehrt  zu  werden;   ausgenommen  sind
     Stoffe,  die überwiegend dazu bestimmt sind,  zu anderen  Zwecken
     als zu Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden."
Genussmittel    werden  also  explizit  im   LMBG   geregelt  -  mit  der
Zweck-Bestimmung: Genuss.  Ihrer psychoaktiven  Wirkungen   ist  man sich
dabei  durchaus bewusst.  So  gelten  als Genussmittel solche  Stoffe, die
nicht  wegen ihres  Nährwertes  eignen  Bzw. verzehrt werden,  von denen
anregende Wirkungen auf k"rperliche Funktionen ausgehen, so z.B. auf die
Magen- und Darmtätigkeit,  auf Gehirn, Kreislauf oder Herz  . So sind im
LMBG Alkohol, Kaffee, Tee, Kakao, Tabak etc. als Genussmittel erfasst.
Eine andere Notwendigkeit der Abgrenzung ergibt sich im Hinblick auf die
Definition als Arzneimittel. Arzneimittel  sind Stoffe, die zur Heilung,
Linderung oder  Verhütung   von   Krankheiten  eingesetzt   werden. Ihre
Zweckbestimmung ist darauf ausgerichtet,  den Zustand  oder die Funktion
des K"rpers zu beeinflussen.
     "Gleichwohl  kann  es   Abgrenzungsschwierigkeiten  geben,   denn
     manche  Verbraucher  bevorzugen beispielsweise einen  Magenlik"r,
     um   etwas   gegen  ihr  nerv"ses   Magenleiden  zu  tun.    Doch
     hierdurch wird ein Magenlik"r noch nicht  zum Arzneimittel.  Denn
     er ist lediglich ein Stoff,  der   in einzelnen  Krankheitsfällen
     und  nur  mittelbar  eine  heilende,  vorbeugende  oder Iindernde
     Wirkung  haben  kann.  Gleichwohl bleibt   er   ebenso   wie  Rum
     und   Hustenbonbons    als   angebliches   Vorbeugemittel   gegen
     Erkältungen ein Lebensmittel."
Diese    Definition   ist     jüngst   durch    eine    Entscheidung des
Verwaltungsgerichts Würzburg unterstützt  worden.  Wein, so das Gericht,
falle nicht  unter    die  in der  Apothekerbetriebsordnung aufgeführten
apothekenüblichen  Waren. Wein   darf  demnach nicht   als Medizin    in
Apotheken  angeboten  werden. Auch wenn dem   Wein eine,  bei  massvollem
Genuss,  heilsame  Wirkung zukomme, werde er  dadurch nicht  zur  Arznei,
sondern   bleibe  ein     Lebensmittel,  sprich  Genussmittel   (vgl. die
Tageszeitung vom 3.8.1991).
Entscheidend  für die  Abgrenzung zwischen Lebens- und Arzneimitteln ist
die objektive Zweckbestimmung.
     "Massgebend ist die überwiegende Zweckbestimmung  nach allgemeiner
     Verkehrsauffassung,   nicht  die zweckbestimmung, die einem Stoff
     in  einzelnen  Fällen  subjektiv  gegeben wird.  Für Lebensmittel
     ist  die  Zweckbestimmung Ernährung und  Genuss;  für Arzneimittel
     Vorbeugung, Heilung und Linderung  von Krankheiten."
     "Stoffe, die  in einzelnen Krankheitsfällen oder nur gelegentlich
     eine heilende,  vorbeugende Oder Iindernde Wirkung haben,  werden
     als  gelegentliche  Heilmittel  angesehen  und  den Lebensmitteln
     zugerechnet.    Hierbei   handelt    es  sich  beispielsweise  um
     Magenlik"re,      Rumgrog     als     Vorbeugungsmittel     gegen
     Erkältungskrankheiten,  Eukalyptus-, Menthol-   und  Malzbonbons,
     Kümmel, Nelken- und Pfefferminztee."
Genussmittel sind also zusammenfassend Stoffe, die  nicht in erster Linie
zum  Zwecke der Ernährung oder zum  Zwecke der Linderung, Heilung   oder
Verhütung  von   Krankheiten  gezählt  werden, sondern aus  Gründung des
Genusses.  Verzehren ist nach Paragraph 7  (1) LMBG "das Essen,   Kaün,
Trinken sowie jede sonstige Zufuhr von Stoffen in den Magen". Allerdings
weist diese  gesetzliche Definition eine kleine, in unserem Zusammenhang
aber bedeutende  Ungenauigkeit auf. Nikotin bzw.  Tabak wird nicht   dem
Magen zugeführt,  sondern vielmehr durch Inhalation des Tabakrauches  in
die Lunge aufgenommen -    ebenso wie eben Cannabis. Darüber hinaus gilt
auch das  Schnupfen von Schnupftabak als m"gliche Applikationsform   der
Droge Nikotin (Paragraph 3 LMBG).
Gleichwohl  gilt der Tabak (auch  der  Schnupftabak) als Genussmittel und
ist im LMBG geregelt. Dadurch erweitert  sich die gesetzliche Definition
quasi dahingehend,  dass Verzehren das Essen, Kaün,  Trinken,   Rauchen,
Schnupfen  sowie jede sonstige  Zufuhr von Stoffen in den Magen oder  in
die Lunge oder in die Nase bedeutet.
Diese kurzen Ausführungen machen deutlich, dass es kaum Probleme bereiten
würde,   Cannabis ins LMBG   zu transformieren,    zumal  diese Substanz
keinerlei  grundsätzliche Besonderheiten  aufbietet, die nicht vom Tabak
oder   vom   Alkohol geteilt    werden  .   Und   dass  die  allermeisten
Cannabis-Konsumenten  ihren Konsum   zum  Zwecke  des Genusses betreiben,
Cannabis also  ein Genussmittel im Sinne des Wortes ist,  daran kann kein
Zweifel bestehen. Die Problemfälle,  die es natürlich auch und weiterhin
gibt,   reihen  sich  in   den problematischen     Konsum  aller anderen
Substanzen, ob es nun der übermässige Konsum aller anderen Substanzen, ob
es   nun   der übermässige  Konsum  von  Alkohol,   Tabak,  Koffein  oder
Lebensmitteln im allgemeinen (Freásucht) ist.  Hieran etwas   zu ändern,
ist  die  Aufgabe  von  Erziehung  und Aufklärung, keinesfalls  aber ein
legitimer Anwendungsbereich für das Strafrecht.
    (Aus "Der Cannabis-Reader Nr. 3 - Materialien zur Drogenpolitik" des
     Juso-Bundesverbandes, Bonn 1992)
 

Noch ein paar Infos...

Das gerauchte Marihuana enthält mehr krebserregende Stoffe als die
gleiche Menge Tabak (ca. 1.5 bis 3 mal soviel). Allerdings erh"ht
Marihuana, im Gegensatz zu Tabak, die Aufnahmefähigkeit der Lungen
an Sauerstoff, was einen Selbstheilungsprozess unterstützt und be-
schleunugt. Aus diesem Grund wird verdampftes Cannabis auch bei der
Heilung von Asthmakrankheiten verwendet. Auáerdem ist zu bedenken, daá
ein starker Tabakraucher weit mehr Tabak konsumiert als ein starker
Marihuanaraucher.
Das im Marihuana enthaltene Rauschmittel THC hat im Gegensatz zu Nikotin
praktisch keine t"dliche Dosis. Bei Tierversuchen stellte man fest, daá
man das 40.000fache einer normalen Dosis konsumieren müáte, um an
Cannabis zu sterben. Ein Vergleich: Bei Alkohol liegt das Verhältnis
zwischem "normalen" Rausch und t"dlicher Dosis bei etwa 1:4 bis 1:10!

Noch nie ist ein Mensch an Cannabis gestorben!
Cannabis macht auch nicht süchtig. Bei extremen Kiffern kann eine
leichte Gew"hung auftreten. Entzugserscheinungen äuáern sich in einer
leichten Nervosität, nach zwei bis drei Tagen stellt sich diese ein.
Marihuana kann sich (theoretisch) jeder selbst machen. In Deutschland
gibt es Hanfsamen legal zu kaufen. Der Anbau ist allerdings strafbar,
wenn auch die Justiz bei geringen Mengen von der Bestrafung absehen kann.
Cannabis ist auch keine Einstiegsdroge, zumindest nicht von Natur aus.
Das einzige diesbezügliche Problem liegt darin, daá harte Drogen
meiátens vom selben Dealer angeboten werden, der auch Cannabis verkauft.
Da dieser an den härteren Drogen mehr verdient als an Haschisch und
Marihuana, versucht er natürlich, sie dem Cannabiskonsumenten zu
verkaufen.
Es gibt viele Gründe, warum sich immer wieder Menschen zum Gebrauch harter
Drogen verführen lassen. Der wichtigste ist wohl die Neugier, nicht un-
wesentlich ist aber auch der Grund, daá von den Drogenbeauftragten immer
wieder behauptet wird, Cannabis mache süchtig und sei enorm schädlich.
Haben (vor allem) Jugendliche erst einmal Erfahrung mit Marihuana oder
Haschisch gesammelt und festgestellt, daá dies Lügen sind, dann gehen
viele davon aus, daá auch die anderen Warnungen nicht der Wahrheit ent-
sprechen.
Konsequent wäre also, Cannabis zu legalisieren!

Alle Vorteile einer Cannabis-Legalisierung zusammengestellt:
- Die Funktion von Cannabis als Einstiegsdroge würde in jeder Hinsicht
  aufgehoben.
- Die Zahl der Konsumenten harter Drogen ginge mittelfristig zurück!
- Die Qualität des vermarkteten Marihuana/Haschisch k"nnte staatlich
  kontrolliert werden wie beim Tabak. So würden die Konsumenten nochmal
  geschützt.
- Die Kiffer würden nicht zu Kriminellen gemacht!

Deshalb:  *Legalize it now!*
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Stay Stoned,
           Reinhard...
--- CrossPoint v3.02
 * Origin: I love you Mary Jane (2:2494/29.18)