(Autor: Werner Gross, Psychologe, Frankfurt /
erschienen im "grow"-magazin 01/95)
Man unterscheidet drei Ebenen der Sucht:
1. k"rperliche Abhängigkeit
2. psychische Abhängigkeit
3. zunehmende Beeinträchtigung der alltäglichen und sozialen
Lebensführung
Folgende Kriterien geben Hinweise darauf, ob ein Suchtverhalten vorliegt:
1. Kontrollverlust
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Der nichtabhängige "Normalkonsument" kann nach dem zweiten
oder
dritten Glas Alkohol aufh"ren zu trinken. Der süchtige Trinker
erleidet einen Kontrollverlust, er ist nicht mehr in der Lage,
den
Konsum des Suchtmittels zu kontrollieren.
Ebenso h"rt der Spielsüchtige, der den ersten Groschen in
den
Automaten geworfen hat, erst mit leeren Taschen auf zu Spielen.
2. Abstinenzfähigkeit
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Der/die Süchtige ist nicht in der Lage, ohne die Benutzung
des
Suchtmittels, das heiát abstinent, zu leben.
3. Wiederholungszwang
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Weil Süchtige nicht mehr in der Lage sind, ohne ihr Suchtmittel
zu leben,
suchen sie es immer wieder. Man spricht dann von Wiederholungszwang.
4. Entzugserscheinungen
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Wenn Süchtige ihr Suchtmittel nicht bekommen k"nnen, zeigen
sich
k"rperliche Entzugserscheinungen wie Zittern, Schweiáausbrüche,
etc. oder auch psychische Entzugserscheinungen wie Žngste, Wut-
ausbrüche, Trauer und Unruhe.
5. Dosissteigerung/"more effect"
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Um in den gleichen gefühlsmäáigen Erlebniszustand
zu kommen, braucht
der Süchtige eine immer h"here Dosis seines Suchtmittels
bzw.
süchtigen Verhaltens. Man nennt das "more effect" oder
Dosissteigerung.
6. Interessenabsorption und -zentrierung
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Immer mehr konzentriert sich das Leben um das Suchtmittel.
Alle anderen Interessen werden unwichtig oder der Beschaffung
des Suchtmittels untergeordnet. Der Fixer auf "turkey" (Entzug)
z.B. benutzt all seine Kreativität und Intelligenz zur Suche
nach dem nächsten Druck.
7. Gesellschaftlicher Abstieg
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Arbeitsplatzverlust und der Verlust sozialer Kontakte führen
zum
gesellschaftlichen Abstieg. Die Süchtigen werden zu "outlaws".
8. Psychischer und k"rperlicher Zerfall
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Es ist das Endstadium...
Diese Kriterien treffen sowohl auf stoffgebundene Suchtformen (Alkoholismus,
Drogen- und Tablettenabhängigkeit) als auch für stoffungebundene
Suchtformen
wie Spielsucht, Arbeitssucht oder Eásucht zu.
Die Trennungslinie sollte nicht verlaufen zwischen Alkoholismus, Drogen-
und
Tablettenabhängigkeit einerseits und Spiel-, Arbeits- oder Sexsucht
anderer-
seits, sondern zwischen einer massiven Schädigung einerseits und
einer geringen
Beeinträchtigung des Lebens andererseits - egal ob bei stoffgebundenen
oder
stoffungebundenen Suchtformen.