HAMBURG Morgenpost 19.6.97
Neu: Eine Spezial-Therapie für Kokser
"Seehaus-Projekt" behandelt Abhängige
Die Nächte durchfeiern, Phantasien ausleben und trotzdem
fit sein im Beruf:
Kokain scheint es m"glich zu machen. Das weiße Pulver, das "so
gut" in die
Erfolgsgesellschaft paßt, ist längst keine Schickeria-Droge
mehr. "Seit vier
Jahren nimmt der Kokain-Konsum in Hamburg kontinuierlich zu", sagt
der
Psychologe Nicolai Essberger. Er schätzt, daß schon jetzt
mehr gekokst als
Heroin gespritzt wird - von Schichtarbeitern wie von Selbständigen,
aber vor
allem von Männern. Ihr Risiko: Entzündung der Nasen-Nebenh"hlen
und Bronchien,
psychische St"rungen, Schlaganfall, Herzinfarkt.
Mit seinen Kollegen vom "Seehaus-Projekt" an der Hasselbrookstraße
94a will
Essberger Kokain-Süchtigen helfen, von ihrer psychischen Abhängigkeit
loszukommen. Das spezielle Konzept: Einzel- und Gruppengespräche
und
entspannende, den Suchtdruck mindernde Akupunktur. Vorteil der
eineinhalbjährigen ambulanten Therapie: Die Klienten bleiben in
ihrem Umfeld
eingebunden, k"nnen weiterarbeiten. Probleme des Alltags (Streß,
Schulden)
werden besprochen.
Derzeit sind 20 Kokser beim "Seehaus-Projekt" in Behandlung.
Ihre Abstinenz
wird durch Urinproben kontrolliert. Maximal 120 Therapiestunden … 85
Mark
bezahlen die gesetzlichen Renten- oder Krankenversicherer. "Wer die
Therapie
durchhält, hat sehr gute Chancen, clean zu bleiben", sagt Essberger.
Doch er warnt vor überzogenen Erwartungen: "Die Sucht zu
bewältigen, ist eine
lebenslange Aufgabe." Infos: 20 00 10 10, Sprechstunde: jeden
Mittwoch von 17
bis 19 Uhr. Beatrix Wirth