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Cannabiskonsum und Autofahren

Bei gelegentlichem Drogengebrauch muß die Fahrgeignung in der Regel im Einzelfall geprüft werden.

Becker, Dr. med. Susanne

Quelle: Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 13, 9. April 1999
 

Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Europa (36) und in Deutschland (14). Wird der Cannabiskonsum eines Patienten Gegenstand einer ärztlichen
Beratung, so besteht von seiten des Arztes aufgrund des Behandlungsvertrages die Verpflichtung zur sachgerechten Sicherheitsaufklärung, die sich insbesondere auf die aktive
Teilnahme am Straßenverkehr bezieht. Die Verletzung der Mitteilungspflicht macht den Arzt für den eventuell resultierenden Schaden haftbar (10).

Für die Verkehrsmedizin ist von besonderem Interesse, welches Gefahrenpotential Cannabiskonsum für die Verkehrssicherheit bedeutet. Die Neuregelung des § 24 a Straßenverkehrsgesetz zeigt ebenfalls,daß juristischer Handlungsbedarf besteht. Die Gesetzesänderung besagt unter anderem, daß bei Nachweis des psychoaktiven Bestandteils der Cannabispflanze im Blut eine Ordnungswidrigkeit besteht, wenn in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt wird.

Epidemiologie: Eine Repräsentativbefragung zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen ergab, daß in Westdeutschland die Life-time-Prävalenz von Cannabiskonsum bei 21- bis 24jährigen bei 26,3 Prozent liegt. 11,9 Prozent der 18- bis 20jährigen haben in den letzten 30 Tagen Cannabis zu sich genommen. Bei diesen
Zahlen ist zu bedenken, daß 80 Prozent der 18- bis 25jährigen im Besitz einer Fahrerlaubnis sind (35). Die Gruppe der Cannabis-Konsumenten ist sehr heterogen.

In einer Studie, in der 660 unter Alkoholverdacht akquirierte Blutproben retrospektiv auf Drogen untersucht worden waren, wurden in acht Prozent Cannabinoide
nachgewiesen. Der Altersmittelwert der Konsumenten lag bei 25 Jahren (23). Eine Untersuchung mit ähnlicher Methodik konnte zeigen, daß insbesondere jüngere männliche
verunfallte Fahrzeugführer, die bei einem nur mittleren Blutalkoholgehalt erheblich alkoholisiert wirkten, in einem hohen Prozentsatz auch Cannabis konsumiert hatten (9). Im
Rahmen einer prospektiven Studie wurden auf Erlaß des nordrhein-westfälischen Innenministeriums 683 Blutproben unter dem Verdacht der Einnahme berauschender Mittel
durch geschulte Polizeibeamten sichergestellt. In 57 Prozent der Proben wurde Cannabis nachgewiesen. (8).

Pharmakologie: Die indische Hanfpflanze, die zur Gewinnung der Rauschdroge dient, heißt Cannabis sativa und beinhaltet vor allem im harzigen Sekret der weiblichen Pflanzezirka 60 sogenannte Cannabinoide (36). Ein spezielles Cannabinoid, das Tetrahydrocannabinol (THC), ist in erster Linie für die konzentrationsabhängige psychoaktive Wirkung verantwortlich (2). Die Begriffe Cannabis, Haschisch und Marihuana werden fälschlicherweise zumeist synonym benutzt. Cannabis kann als Überbegriff betrachtet werden, während die beiden anderen Begriffe Aufbereitungsformen bezeichnen (siehe Tabelle 1), deren THC-Gehalt unterschiedlich und dem Konsumenten oftmals nicht genau bekannt ist (17).

Metabolismus und Nachweismöglichkeiten: Aufgrund seiner Lipophilie sammelt sich THC rasch in fettreichen Geweben und wird von dort verzögert freigesetzt. Dadurch
nimmt die Wirkstoffkonzentration im Blut kurz nach Konsumende rasch ab. Die Zeitkurve der THC-Konzentration verläuft nicht parallel zur Zeitkurve der THCWirkung. Bei
regelmäßiger Einnahme kommt es zur Kumulation insbesondere des Metaboliten THC-COOH, der nach Beendigung eines regelmäßigen Konsums unter Umständen noch für
Wochen im Blut und für Monate im Urin nachweisbar ist (8).

Neben den Nachweismöglichkeiten in Blut und Urin ist die Analyse von Haar, Speichel und Schweiß möglich. Die Haaranalyse dient in erster Linie dem Nachweis eines
regelmäßigen, länger zurückliegenden Konsums (16). Die Untersuchung von Speichel und Schweiß als nicht invasiv und vor Ort zu gewinnenden Substanzen ist aus
praktischen Gesichtspunkten sehr wünschenswert. Die Zuverlässigkeit von entsprechenden Testverfahren ist Thema wissenschaftlicher Untersuchungen (28, 21). Ein
wichtiges Ziel ist die Entwicklung von validen Schnelltestverfahren zum Nachweis von THC beziehungsweise THC-Metaboliten in Schweiß oder Speichel.

Cannabis als Medikament: Die Wirkungen von Cannabinoiden im menschlichen Organismus können durchaus in einen therapeutischen Zusammenhang gebracht werden. Dazu gehört die Behandlung von Bronchialasthma, Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen, Krämpfen, Glaukom, Muskelspastik und Appetitverlust (15).

Akuter Konsum und Rausch: Um einen Rausch zu erzielen, wird Cannabis zumeist geraucht, da die orale Aufnahme einen eher dämpfenden Effekt erzielt (17). Tabelle 2 stellt die Dosis-Wirkungs-Beziehung mit den subjektiven Rauschwirkungen dar (17), die allerdings auch sehr stark vom "social setting" abhängen.
Bei Erstkonsumenten kann ängstliche Erregung im Vordergrund stehen. Die dosis- und gewöhnungsabhängigen objektiven Rauschwirkungen lassen sich wie folgt
beschreiben: Konjunktivalrötung, Gefäßerweiterung, Herzfrequenzanstieg, gelegentlich Atemdepression, Bronchodilatation, Absinken des Speichelflusses et cetera (15).

Wiederholter Konsum: Längerfristiger Cannabiskonsum wird mit einer Vielzahl von möglichen gesundheitlichen Folgeschäden in Verbindung gebracht: Verschlechterung der
Immunabwehr, Entstehung von malignen Lungenerkrankungen, psychopathologische Veränderungen bis zur Entwicklung einer Schizophrenie, endokrine, metabolische
Veränderungen et cetera (15). Psychometrische Untersuchungen von Gewohnheitskonsumenten weisen auf eine Verschlechterung psychomotorischer Funktionen hin (20,
34).

Fahrtüchtigkeit: Fahrtüchtigkeit ist die situations- und zeitbezogene Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges. Diese kann akut durch den Einfluß berauschender Mittel
beeinträchtigt sein. Akuter Cannabiskonsum führt zur Verschlechterung einer Reihe kognitiver Funktionen, die für das Autofahren bedeutsam sind (31). Eine experimentelle
Studie kommt zu dem Ergebnis, daß THC in einmalig inhalierter Dosis bis zu 300 µg/kg Körpergewicht (KG) deutliche, aber nicht dramatische dosisabhängige
beeinträchtigende Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit hat (26).
Neun Piloten mit gültiger Fluglegitimation wurden am Flugsimulator nach inhalativem Konsum von zirka 270 µg/kg KG THC untersucht. Bei sieben der neun Piloten ließen
sich Leistungseinschränkungen bis zu 24 Stunden nachweisen, ohne daß sich acht der neun Testpersonen einer Beeinträchtigung bewußt waren (19).
Eine Literaturanalyse kommt zu dem Ergebnis, daß THC-Konzentrationen, die sich im Blut innerhalb der ersten Stunde nach Genuß von zehn bis 15 mg THC ergeben,
wesentliche Leistungseinschränkungen beim Verkehrsverhalten bewirken (29). Aus toxikologischer Sicht wird versucht, anhand der Blutkonzentration von THC und seinen
Metaboliten eine Aussage über die Fahrtüchtigkeit zu machen (8).

Fahreignung: Fahreignung wird als zeitlich stabile, von aktuellen Situationsparametern unabhängige Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Sinne eines
Persönlichkeitsmerkmals definiert. Bei der Beurteilung der Fahreignung von Cannabiskonsumenten geht es um die Frage, ob eine Person, die wiederholt Cannabis konsumiert,
den Anforderungen entspricht, die von einer fahrgeeigneten Person erwartet werden müssen, um die Verkehrssicherheit zu wahren.
Diese Frage war Gegenstand eines Expertengespräches, das in der Bundesanstalt für Straßenwesen im Auftrag des Bundesministers für Verkehr durchgeführt wurde. Es wurde zwischen Abhängigkeit, Mißbrauch, regelmäßigem und gelegentlichem Gebrauch differenziert. Abhängige und mißbräuchlich konsumierende Personen wurden als fahrungeeignet beurteilt.Regelmäßiger Gebrauch führt in der Regel zu einer fehlenden Fahreignung. Bei gelegentlichem Konsum ist in der Regel eine Einzelfallprüfung im Hinblick darauf erforderlich, ob eine Eignung trotz des Konsums vorliegen kann.
Dies ist nicht der Fall bei zusätzlichem Konsum von Alkohol oder anderen psychotropen Substanzen, bei Störungen der Persönlichkeit, bei Kontrollverlusten und bei Gebrauch der Droge in Zusammenhang mit Fahren. Im praktischen Alltag muß unter Umständen damit gerechnet werden, daß die eindeutige Zuordnung von Konsumenten zu den Untergruppen mit Schwierigkeiten verbunden ist.

Da es sich bei der Gruppe der Cannabis konsumierenden Personen um eine sehr heterogene Klientel handelt, muß eine differenzierte Beurteilung des Einzelkonsumenten
erfolgen, um die voraussichtliche Trennung von Drogenkonsum und Führen eines Kraftfahrzeuges abzuschätzen. Diese Trennung ist eine conditio sine qua non zum Erhalt der
Verkehrssicherheit. Dr. med. Susanne Becker

Literatur beim Verfasser: Bundesanstalt
für Straßenwesen, Brüderstraße 53, 51427 Bergisch Gladbach


 
Tabelle 1
Aufbreitungsformen der Cannabispflanze mit THC-Gehalt

Name

Material

Aussehen

durchschnittl. THC-Gehalt

max. THC-Gehalt

Marihuana Cannabiskraut wie Tee oder Pulver 1 % 5 %
Haschisch Cannabisharz gepreßt oder als Stange 5 % 15 %
Haschischöl Cannabisharzextrakt dunkelbraunes, klebriges Öl 20 bis 70 % 70 %
 
 


 
Tabelle 2
TCH-Dosis-Wirkung-Beziehung bei der subjektiven Rauschwirkung

THC-Menge (mg) absolut

ca. THC-Menge (mg) pro kg Körpergewicht

subjektive Rauschwirkung

2 30 Schwellendosis für milde Europhorie
7 100 Wahrnehmungs- und Zeitstörungen
15 200 Verkennungen, Halluzinationen, Veränderungen im Körpergefühl, sensorische Störungen, ungewöhnliche Assoziationen
20 300 dysphorische Zustände [Dysphorie = Störung der Affektivität mit bedrückter, gereizter Stimmung, Anm. d. HTML-Übersetzers], unangenehme Begleiterscheinungen


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